Feigheit wird bestraft – Ein unfreiwilliges Social Media Experiment

Am Anfang stand meine eigene Dummheit oder Feigheit oder beides.
Ich war mit zwei Freunden auf einem fantastischen Konzert von Monster Truck in der Rockfabrik Ludwigsburg. Und dann war da noch diese Frau…
Ich könnte jetzt natürlich sagen: „Hey, ich war mit zwei Freunden da und außerdem hab ich richtig tolle Musik genossen, da grabe ich nicht noch nebenher eine Frau an.“ Aber die Ausrede hört man schon bei „hey“ heraus…

Kurzfassung meiner Suche:
Wir (meine beiden Freunde und ich) holen Getränke an der Bar, sie lächelt mich von der gegenüberliegenden Seite des Raumes an.
Wir (die Dame und ich) stehen den ganzen Abend nebeneinander – das hat sich tatsächlich rein zufällig so ergeben, da ich meinen Freunden hinterher lief und sie in die freie Ecke neben der Dame gingen!
Wir (wieder die Freunde und ich) stehen nach dem Konzert auf dem Parkplatz, die Dame geht mit ihren Freunden zum Auto und lächelt mich wieder an.
Jedenfalls lächelte sie mich zweimal an, wenn mich meine Wahrnehmung nicht getäuscht hat. Was aber auch nichts Neues wäre…

Schon auf der Rückfahrt hab ich mich über die verpasste Chance geärgert!
Ich hatte keinen Namen, keine Telefonnummer und zu dumm, mir das Kennzeichen zu merken, war ich auch noch.
Meine Hoffnung waren dann die sozialen Medien. Immerhin habe ich bei Facebook etwas über 400 Freunde / Kontakte und bei Twitter sind es ca. 560 Follower.
Ich postete eine Suche und leitete diesen Link weiter, teilte ihn auf verschiedenen Facebook-Seiten, nervte Freunde und Bekannte per WhatsApp, schaute mir Profile auf der Veranstaltungsseite bei Facebook an, schrieb den einen oder anderen Teilnehmer an, habe einige Fotogalerien durchforstet, fragte bei der Location nach, habe sogar der Band eine Nachricht geschickt.
Letztendlich habe ich so ziemlich alles versucht. Außer einer Anfrage bei der NSA. „Hey, hier ist… klar, Ihr wisst wer hier ist. Ich suche… ja, auch das wisst Ihr schon. Könnt Ihr mir helfen?“

Hätte ich nur einen Funken der Energie, die ich im Nachhinein in die Suche steckte, an dem Abend gegen meine Feigheit aufgebracht… hätte…

Aus einer Personensuche wurde somit mehr oder weniger ein Social Media Experiment. Jedenfalls gab es eine Erkenntnis über den Erfolg für Suchanfragen über Facebook, Twitter & Co.
Katzenvideos werden geteilt, Spruchbilder mit „Wenn Du auch… dann teile…“ ebenfalls. Über Sinn oder Unsinn solcher Aktionen oder ob sie überhaupt lustig und unterhaltend sind, machen sich die wenigsten Nutzer Gedanken. Aber was ist, wenn man mal ein Anliegen hat, das einem persönlich wichtig ist? Helfen einem das Gros der Facebook-Kontakte oder Follower?
Mein Test ergab: Nein.
Ein Grund kann natürlich sein, dass Kontakte oder Follower ein bestimmtes Schema bei meinen Postings und Tweets gewohnt sind. Solch eine Anfrage schlägt da aus der Reihe. Und stößt somit vermutlich auf Desinteresse oder Verwunderung, die dazu führt, dass die Leute einfach weiter scrollen.

Letztendlich hat sich gezeigt, dass die Menge an Kontakten und Follower leider nichts brachten. Ja, einige haben meine Suche geteilt und mitgeholfen. Einige haben meine Suche per WhatsApp weitergeleitet.
Dank der Theorie, dass man jeden Menschen auf der Welt um ein paar Ecken kennt, hatte ich mir aber mehr erhofft. Die Suche blieb erfolglos.
Was bleibt, ist die Ungewissheit.
Habe ich eine Chance verpasst?
Oder habe ich mir nur einen Korb erspart?
Die mögliche Ablehnung ist allerdings genau das, was die Feigheit verursacht.

Ich war feige und dumm. Meinen Fehler im Nachhinein auszumerzen gelang mir nicht.
Werde ich mich beim nächsten Mal mutiger verhalten?
Vielleicht. Wenn ich mich daran erinnern kann, wie sehr ich mich bei diesem Mal geärgert habe. Vermutlich werde ich aber in solchen Situationen wieder versagen.
Wie schon so oft.